Internationales Musikfestival in Vohenstrauß

Wer ein charakteristisches Festival mit internationalem Line-up an einer einmaligen Location erleben will, muss nicht zwangsläufig die großen, etablierten Events anfahren. Die Musikinitiative Vohenstrauß hat aufs Neue bewiesen, dass so etwas im Independent-Sektor auch woanders möglich ist. Aus jeder Vohenstraußer Partnerkommune reiste ein Act an.

Am 22. Juni 2024 war ein ein echter Supersamstag in Vohenstrauß. Zahlreiche Veranstaltungen lockten über das gesamte Stadtgebiet hinweg. Und auch im ganzen Landkreis NEW war an diesem Tag einiges geboten, der mit einer Temperatur von etwa 22 °C inmitten eher unterdurchschnittlicher Junitage thronte. Umso erfreulicher war es aus Sicht der Musikinitiative, dass rund 500 Menschen den Weg zum „Open Sound International Festival“ fanden.

Der Verein hatte das Festival 2018 zu seinem zehnjährigen Jubiläum ins Leben gerufen – damals auf der Terrasse der Stadthalle. Allerdings fand es bislang nur zweimal statt; seit der Pandemie ab 2020 gab es kein Open Sound mehr in Vohenstrauß. In diesem Jahr sollte sich das ändern: Die Musikinitiative Vohenstrauß integrierte das Festival an neuer Location in den Jubiläumskalender der Stadt Vohenstrauß, die derzeit ihr 900-jähriges Bestehen feiert. Deshalb brachte Bürgermeister Andreas Wutzlhofer auch eine ganze Delegation aus den Partnerstädten mit auf das Gelände.

Pünktlich zum Einlass strömten die Besuchenden zur Friedrichsburg. Schon beim Betreten des Areals kam Festivalstimmung auf. Das lag an den kreativ gestalteten Ständen und natürlich an der imposanten Bühne mit Line Array von Electro-Voice, dessen Sound bei allen Musikerinnen und Musikern sowie den Gästen sofortige Anerkennung fand. Der freie Eintritt sowie die Preise für Essen und Getränke machten das Festival sehr familien- und jugendfreundlich. Auch Decken und Campingstühle gehörten zur Szenerie.

Line-up

Selbstverständlich gab es auch Musik zu hören. Den Auftakt machte die Soul-Pop-Künstlerin Celine Georgi aus Lauter-Bernsbach (Sachsen), die über ihren Besuch in Vohenstrauß schwärmte: „Das war eines der besten Festivals, die ich jemals gespielt habe, von der Crew bis zum Publikum. Es hat mich gefreut zu sehen, wie meine Songs angenommen wurden.“ Die 24-jährige Sängerin spielte zum ersten Mal mit Liveband und meisterte diese Premiere mit Bravour. Besonders abwechslungsreich machten ihr Konzert instrumentale Einflüsse aus Jazz und Funk – und natürlich die vielseitige Stimme der Frontfrau.

Als nächstes fegten „Furieux Mais Sages“ aus Moncoutant/Bressuire (Frankreich) über die Bühne. Als Paul Hüttl und Hannes Gilch die drei junggebliebenen Punkrocker ansagten, erinnerten sie sich daran, wie Schlagzeuger Samuel Ruivo sie vor zwei Jahren bei ihrem Gastspiel mit „Granny Is Back“ in Frankreich zum Mittagessen einlud und ihnen seine Familie vorstellte. Gut, dass der Bauhof den Rasen im Schlossgarten noch frisch gemäht hatte, denn die Fläche vor der Bühne musste ab dem ersten Song andauernden Tanz-Tests standhalten. Das Trio präsentierte dem Publikum Oldschool-Punkrock auf Französisch.

Spätestens zum Konzert von „Random System“, der ersten Vohenstraußer Band des Abends, war das Gelände bestens gefüllt. Einst entstanden aus einem Nachwuchsprojekt der Musikinitiative Vohenstrauß, bei dem es darum ging, junge Musizierende zu einer Band zusammenzubringen, ist die Formation zu einem sehr angesagten und überregional nachgefragten Rock-Act herangereift – was sie bei ihrem Konzert auch widerspruchslos bestätigte. Sängerin Christine Licha meldete sich regelmäßig auf sympathische Art und Weise zu Wort und heizte die Stimmung immer weiter an.

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Konzerte der „404 Whizzkids“ sind wie eine Art Homecoming, denn die Mitglieder reisen unter anderem aus Erlangen, Ravensburg und Basel nach Vohenstrauß. Musik vereint eben. Wenn die fünf Musiker auf der Bühne sind, spürt man die freiwerdende Energie überall. Ihr Set zeichnet sich durch Emotionalität und Dynamik aus. Auf lautstarken Publikumswunsch hin, änderten sie kurzerhand ihr geplantes Programm und spielten auch ältere, ungeprobte Songs. „Ich muss nur bis vier zählen, oder?“, versicherte sich Drummer Hannes Gilch mit einem Augenzwinkern bei der Menge, kurz bevor er den letzten Song „Tracey“ einzählte.

Headliner des Abends: „Spheres“ aus Stříbro (Tschechien). Zum Bandleader und Gitarristen dieser Gruppe Martin Rybecký besteht schon seit 2014 Kontakt, als die Partnerschaft zwischen Vohenstrauß und Stříbro erstmalig durch den Verein musik-kulturell ausgeweitet wurde. Mit einem Heavy Metal-Konzert sorgten die vier Musiker für einen kraftvollen Abschluss, ohne dabei das Vohenstraußer Publikum zu brutal anzufassen. Frontman Alfonz Budinsky beeindruckte bei der meist sehr harten Gangart seiner Kollegen mit sehr melodiösem Gesang. Es waren auch einige Fans aus Tschechien mitgereist.

Reibungsloser Ablauf

Das Produktionsteam der Musikinitiative Vohenstrauß um Technik-Chef Roland Müller sorgte für einen reibungslosen Ablauf des Festivals und einen pünktlichen Zeitplan. Umbaupausen von jeweils nur 15 Minuten sorgten für maximalen Musikgenuss. Amplify Veranstaltungstechnik Vohenstrauß von Inhaber Andreas Fritsch unterstützte dieses Team mit Bühne, PA, Licht und Logistik. Selbst als Roland Müller mit „Random System“ selbst performte und damit am Mischpult fehlte, war keinerlei Qualitätsabfall beim Sound zu merken, denn Sebastian Landgraf wechselte nahtlos an die Fader.

Alle Buden dicht

Die Tennisabteilung des TV Vohenstrauß versorgte die Gäste mit Getränken – darunter auch eine Auswahl an Cocktail-Specials. Der AK Asyl Vohenstrauß gestaltete ein ganz besonderes Angebot an Speisen: Auf der Karte standen ukrainische Grill-Spieße, afghanischer Dotsch, Sambusa aus Äthiopien und ein Thunfisch-Sandwich aus Tunesien. Alle Gerichte, teils kreiert und zubereitet von Geflüchteten, sorgten für großen Andrang und waren lange vor Veranstaltungsende restlos ausverkauft. Die ukrainische Künstlerin Switlana Völkl hat direkt neben den Ständen des AK Asyl Gemälde von sich ausgestellt, eines davon zeigte das Vohenstraußer Wahrzeichen, das zugleich Veranstaltungsort war. Benedikt Kneidl war für die Koordination der Partnervereine und Bands vor Ort zuständig. Er bestätigte: „Die Zusammenarbeit war auf Augenhöhe und wir sind sehr dankbar über die klasse Unterstützung. Zudem war es uns wichtig, dass die Bands sich bei uns wohlfühlen, das ist uns gelungen, denke ich.“

Ein Festival der Demokratie

Nicht nur dadurch, dass rund um das Open Sound Festival Werte wie Frieden, Diversität, Toleranz sowie demokratische Entscheidungsfindungen im Hinter- und Vordergrund standen, sondern auch durch den europäischen Partnerschaftscharakter lässt sich von einem Demokratie-Festival sprechen. Das sind Kriterien, die im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ als Ziele verankert sind. Das Projekt wurde gefördert von „Neustadt lebt Demokratie“ im Rahmen dieses Förderprogramms des BMFSFJ. Ein Team des Kreisjugendrings Neustadt an der Waldnaab hat diese Initiative in Form eines Infostands vorgestellt.

Das Festival blieb den ganzen Abend über friedlich und ging völlig ohne Zwischenfälle zu Ende. Nach insgesamt drei Arbeitstagen für die Crew der Musikinitiative Vohenstrauß – einige davon im Doppeleinsatz auch auf der Bühne – endete ein anstrengendes aber sehr zufriedenstellendes Wochenende. „Die Friedrichsburg wurde vorbildlich an uns zurück übergeben“, konstatierte Christoph Maier von der Stadtverwaltung. Auch Bauhofleiter Michael Gösl, der noch am Samstagnachmittag für unterschiedliche Aufgaben zur Verfügung stand, ließ sich einen Besuch der Veranstaltung nicht entgehen. Aus vielen Richtungen kam letztendlich ein und dieselbe Frage: „Findet das Festival nächstes Jahr wieder statt?“

Fotogalerie

Fotos: Dominik Schelter